Bartholomaios fühlt sich „wie ans Kreuz geschlagen“

Veröffentlicht: Januar 2, 2010 von xryshavgi in Politik
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Seit der Ökumenische Patriarch Bartholomaios in einem Interview die Türkei wegen ihrer Behandlung der griechisch-orthodoxen Minderheit scharf gerügt hat, steht er im Zentrum der Kritik.

Seit der Ökumenische Patriarch Bartholomaios in einem Interview mit dem amerikanischen Sender CBS die Türkei wegen ihrer Behandlung der griechisch-orthodoxen Minderheit scharf gerügt hat, steht er im Zentrum der Kritik. Insbesondere, dass Bartholomaios gesagt hat, „er fühle sich wie ans Kreuz geschlagen“, hat die Gemüter erregt. Der stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinc warf Bartholomaios vor, das türkische Volk beleidigt zu haben.

Im Sitz des Patriarchen im Istanbuler Stadtteil Fener hat sein Pressesprecher Peder Dositheos Anagnostopulos nun alle Hände voll zu tun, die Fragen der türkischen Medien zu beantworten. Ständig vom Klingeln eines oder beider Telefone unterbrochen, versucht er die Sicht des Patriarchen zu erklären: Die Worte vom „ans Kreuz schlagen“ stammten ja eigentlich aus der Frage des Reporters von CBS. Bartholomaios habe darauf mit Ja geantwortet, doch im Griechischen werde der Ausdruck im übertragenen Sinne gebraucht, wenn sich jemand schlecht behandelt fühle. Die Erregung in der Türkei komme von der wörtlichen Übersetzung.

Nadelstiche gegen Patriarchat

Zu den vielen Unterbrechungen durch die Telefone kommt nun noch der überlaute Ruf des Muezzins. Anagnostopulos eilt ans Fenster, um es zu schließen. Dann erklärt er, dass vier Minarette mit besonders lauten Lautsprechern rund um den Amtssitz des Patriarchen gebaut sind. Man kann dies als Teil der vielen kleinen Nadelstichen gegen das Patriarchat sehen. Zum Beispiel hieß die Straße, in der sich der Amtssitz des Patriarchen befindet, lange Zeit nach einem Pascha, der 1821 den Patriarchen Grigorios V. wegen eines griechischen Aufstandes, an dem er nicht beteiligt war, am Tor seines Amtssitzes aufhängen ließ.

Die Gasse wurde vor Kurzem umbenannt. Doch diesmal bekam sie den Namen eines angeblich vom griechischen Geheimdienst ermordeten Türken.

„Regierung ist bisher liberalste“

Das Hauptproblem des Patriarchen ist indessen das 1971 von der Türkei geschlossene Priesterseminar auf der Insel Heybeliada (griechisch Chalkis) bei Istanbul. Immer schwerer wird es, die Synode zu besetzen und auch eines Tages für Bartholomaios selbst einen Nachfolger zu finden.

„Allmählich wird es dringend“, meint Anagnostopulos dazu. Eine Wiedereröffnung ist zwar vage versprochen, aber es geschieht nichts. Briefe des Patriarchen an die türkische Regierung, mittlerweile 19 an der Zahl, bleiben einfach unbeantwortet.

Anagnostopulos sieht darin kein Problem speziell mit der derzeitigen konservativen Regierung, sondern mit dem türkischen Staat. „Die Regierung ist die liberalste, die wir in der türkischen Republik je hatten“, meint er dazu. Für die Lage des orthodoxen Patriarchen scheint dies indes keinen großen Unterschied zu machen.

Man kann den Verdacht haben, dass die gemäßigt islamische Regierung Erdogan’s ebenso wie ihre Vorgängerinnen einfach auf das Ende des Patriarchats wartet. Jedenfalls lässt sich diese These bisher durch nichts widerlegen.

Griechen wandern aus

Ohnehin scheint die mehr als zweieinhalbtausendjährige Präsenz der Griechen am Bosporus zu Ende zu gehen. Nur noch etwa dreitausend Griechen leben hier, vor 50 Jahren waren es noch 110.000. Sie wurden ausgewiesen oder sie sahen für ihre Kinder als Griechen in der Türkei keine Zukunft mehr. Dass der als eher weltoffen bekannte Bartholomaios angesichts dieser Entwicklung bittere Worte gebraucht, kann man ihm kaum verdenken.

Im Jahr 2010 wird Istanbul den Titel Kulturhauptstadt Europas tragen. Vielleicht ist das eine Gelegenheit dafür, die Regierung Erdogan’s daran zu erinnern, dass zu der von ihr selbst gepriesenen Vielfalt Istanbuls auch das griechische Erbe gehört.

ZAHLEN UND FAKTEN

100.000 Christen leben heute noch in der Türkei. Rund 85 Prozent von ihnen wohnen in der Bosporus-Stadt Istanbul. Sie gehören vor allem armenischen und orthodoxen Kirchen sowie der katholischen Kirche an.

3000 Griechen gibt es heute noch in der Türkei, vor 50 Jahren waren es noch 110.000, im Jahr 1914 sogar 1,7Millionen. Im Zuge eines im Vertrag von Lausanne vereinbarten Bevölkerungsaustauschs wurden jedoch die meisten von ihnen ausgesiedelt. Im Gegenzug mussten hunderttausende Türken bzw. Muslime Griechenland und das heutige Mazedonien verlassen.

ZUR PERSON

Bartholomaios I. (Bild) ist seit 1991 der griechisch-orthodoxe Ökumenische Patriarch von Konstantinopel. Er wurde am 29.Februar 1940 auf Çanakkale geboren, heißt mit bürgerlichem Namen Dimitrios Archondonis. Bartholomaios, der seinen Amtssitz im Istanbuler Bezirk Fener hat, ist Oberhaupt von 300 Millionen orthodoxen Christen weltweit.

Nicht zum ersten Mal hat der Patriarch in einem Interview auf die schlechte Lage der Christen in der Türkei hingewiesen. Ein brennendes Problem ist das seit 1971 geschlossene Priesterseminar auf der Insel Heybeliada; dadurch fehlt eine Ausbildungsstätte für den geistlichen Nachwuchs.

Quelle: http://diepresse.com

Kommentare
  1. temeteron sagt:

    ist ja klar, christen haben noch nie irgendwelche rechte in moslemische ländern gehabt. die werden unterdrückt und gejagt. die moslems wollen rechte in den westlichen ländern? die sollen erstmal vor ihrer eigener tür kehren. bravo schweiz! ihr habt es denen gezeigt. hoffentlich ist das ein beispiel auch für die anderen europäischen ländern!

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